Dresden-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Dresden-Lese
Unser Leseangebot

Erbsensoldaten

Florian Russi

Lustige, spannende, fantasievolle Märchen über Zwerge, den Zauberer Krabat und den Müllergesellen Pumphut sind hier versammelt.

Dresdens Äußere Neustadt

Dresdens Äußere Neustadt

Ute Rosner

Ein Dresdner Stadtteil

Die Neustadt ist ein Stadtteil Dresdens, elbseitig rechts gegenüber der Altstadt gelegen. Schon in früherer Zeit war dieses Gebiet besiedelt, bis in das 18. Jahrhundert hinein trug es den Namen Altendresden. Als 1685 nach einem verheerenden Brand die Siedlung in Schutt und Asche gelegt wurde, entstand darauf in den folgenden Jahrzehnten die „Neue Stadt bey Dresden", die Neustadt. Heute wird das Gebiet des früheren Altendresden als die Innere Neustadt bezeichnet. Die Äußere Neustadt, auch bekannt unter ihrem historischen Namen Antonstadt, schließt sich hingegen nördlich daran an, begrenzt von der Bautzner Straße mit dem Albertplatz im Süden, vom Bischofsweg mit dem Alaunplatz im Norden sowie von der Prießnitz im Osten. 

Antonstadt 1895
Antonstadt 1895

Im Mittelalter war das Land vor den Toren Altendresdens noch von Heidewald bedeckt. Durch Rodungen des Waldes entstanden große Kahlflächen, die im Lauf der Zeit immer mehr verödeten und versandeten. Der Versuch, diese Flächen durch Strandhaferpflanzungen aufzuforsten, scheiterte. Daraufhin ließ August der Starke die unfruchtbare Fläche 1701 zur Bebauung freigeben. Bürger der Stadt, aber auch Arme aus Böhmen siedelten sich in der Folgezeit hier an. Die heutige Böhmische Straße zeugt davon. Anfangs waren es nur einfache Holzhäuser, die entstanden. Aus strategischen Gründen - denn im Falle einer Belagerung hätte man diese leicht abbrennen können. Die Qualität der unbefestigten Wege machte deutlich, wo man sich befand: auf dem Sande. Ab 1745 wurde das Gelände parzelliert und der Anbau wuchs schließlich bis 1832 zu einer in sich geschlossenen Vorstadt mit einer noch heute existierenden Struktur. Zahlreiche, auch schon zweistöckige Wohnhäuser und Gewerbe gestalteten ihr Gesicht. Gasthöfe, Schenken, Weingärten öffneten ihre Tore, die Alaunflusssiederei in der Nähe des heutigen Alaunplatzes, eine Eisengießerei, die Roßnersche Dampfmühle und schließlich die Schokoladenfabrik Jordan & Timaeus, zeitweilig eine der größten Fabriken Dresdens, die 1823 hier entstand, boten Arbeit für die vielen Bewohner der Vorstadt. 6000 waren es 1835, die hier lebten und arbeiteten. In diesem Jahr wurde auch die Eingemeindung zur Stadt vollzogen, allgemein begrüßt und bejubelt sowohl von Bewohnern als auch Gewerbetreibenden, da die lästige Doppelbesteuerung an Stadt und Gemeinde entfiel und ein weiterer Ausbau des Viertels in greifbare Nähe rückte. König Anton, der damalige Herrscher über Sachsen, wurde der Namensgeber des neuen Stadtteils Dresdens, der Antonstadt. 

Der Martin-Luther-Platz
Der Martin-Luther-Platz

Die Gründerjahre brachten schließlich die entscheidenden, weitgreifenden Veränderungen für das Viertel, prägten seine heutigen Züge. Denn mit der Industrialisierung setzte ein gewaltiger Bauboom ein. Ganze Straßenzüge und Plätze entstanden neu, der Martin-Luther-Platz wurde angelegt, die Garnisonskirche und die Albertbrücke gebaut. Man errichtete mehrstöckige Mietshäuser, liebevoll gestaltet mit Details des Klassizimus und der Neostile der Gründerjahre, aber auch schon mit Jugendstilelementen an Fassaden und im Inneren. Ein Großteil der Häuserensembles aus dieser Zeit steht heute noch, sodass die Äußere Neustadt als das größte zusammenhängende Gründerzeitviertel Europas bezeichnet werden kann. Den Hauptanteil der Bevölkerung stellten in diesen Jahren Arbeiter und Handwerker, gefolgt von Beamten und Akademikern.

Nach den Jahren der Inflation 1921 bis 1923 kamen die „goldenen Zwanziger" - eine Zeit nicht nur des wirtschaftlichen, sondern auch sozialen und kulturellen Aufschwungs. Theater, Ballsäle, Kinos, Gaststätten und Kneipen erfuhren eine Blütezeit in diesen Jahren. In Tymians Thalia Theater, dem damals berühmtesten sächsischen Volkstheater, traten Gesangshumoristen, Tierstimmenimitatoren und Akrobaten auf. Das Kino „Weiße Wand" war eines der meist besuchten in der Antonstadt, das Filmtheater Schauburg auf der Königsbrücker Straße wurde 1928 gebaut. 1920 eröffnete Mary Wigman, die Begründerin des modernen deutschen Ausdruckstanzes, ihre Tanzschule auf der Bautzner Straße. Eine besondere Rolle im kulturellen Leben der Antonstadt spielte das Alberttheater, denn preisgünstige Schauspielaufführungen für den kleinen Geldbeutel ermöglichten auch der breiten Masse Theaterbesuche. Leben und Arbeiten waren für ihre Bewohner in diesen Jahren so eng miteinander verwoben. 

Kreuzung Rothenburger/Ecke Louisenstraße in Dresdens Äußerer Neustadt
Kreuzung Rothenburger/Ecke Louisenstraße in Dresdens Äußerer Neustadt

Die Jahre der Wirtschaftskrise von 1929 bis 1933 hinterließen ihre Spuren auch unter den Bewohnern der Antonstadt, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit mit dem einhergehenden Abfall an Verdienst und Lebensqualität standen auf der Tagesordnung - fruchtbarer Nährboden für nationalsozialistische Tendenzen, die sich auch hier ausbreiteten. Mitglieder der NSDAP trafen sich in ihren Stammlokalen, z.B. im Antonstädter Kasino oder bei Hollack's auf der Königsbrücker Straße. Die Buchhandlung Nestler wiederum war heimliche Anlaufstelle für Widerstandskämpfer. Nazionalsozialistische Massenkundgebungen fanden auf dem Alaunplatz statt. Die Folgen des Zweiten Weltkriegs, die schweren Bombardierungen Dresdens trafen auch die Neustadt, allerdings nicht in gleichem Maße wie die Altstadt, wo die Zerstörungen wesentlich verheerender waren. Zwar wurden durch die Bomben auch hier gewaltige Lücken gerissen, aber große Teile der Bausubstanz blieben erhalten. Aus Geldmangel fanden in den 50er, 60er und auch in den darauffolgenden Jahrzehnten kaum Sanierungen statt, sodass das Viertel von größeren Bausünden verschont blieb. Allerdings hinterließ das jahrelange Unterlassen von dringenden Instandhaltungen seine Spuren. Die Äußere Neustadt verfiel immer mehr, sodass 1989 zwanzig Prozent der Wohnungen leer standen. Nach der „Wende" begannen dann die notwendigen Sanierungen, die vieles an alter Bausubstanz retteten.

Wer heute einen Spaziergang durch die Äußere Neustadt macht, kann sich vielerorts an den wieder erstandenen Fassaden der alten Gründerzeitbauten erfreuen.

Das Viertel verfügt darüber hinaus über eine Reihe von Sehenswürdigkeiten, die einen Blick lohnen. So unter anderem die Martin-Luther Kirche auf dem Martin-Luther-Platz. Sie ist ein Werk des Historismus, entstanden 1883 bis 1887. Neoromanische und neogotische Stilelemente hat man in ihrem Bau vereint. Ihr 81 Meter hoher Turm wacht als markantes Zeichen über der Äußeren Neustadt. Unweit vom Martin-Luther-Platz befindet sich der Alte Jüdische Friedhof. 1751 wurde er für die Juden in Sachsen angelegt, über 1200 jüdische Bürger hat man hier im 18. und 19. Jahrhundert beigesetzt. Er gilt als der älteste erhaltene jüdische Friedhof in Sachsen. Die Hatikva, Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur Sachsen e.V. mit Sitz in der Pulsnitzer Straße bietet regelmäßige Führungen auf dem Friedhof an. 

Hof der Elemente
Hof der Elemente

Zu den nicht zu verpassenden Highlights in der Äußeren Neustadt gehört ohne Zweifel die  Pfundsmolkerei in der Bautzner Straße. Der schönste Milchladen der Welt - so wird sie auch genannt.Grund dafür ist ihre reiche künstlerische Ausgestaltung mit handgemalten Fließen von Villeroy und Boch im Stil der Neorenaissance. 1891 entstanden, steht die Pfundsmolkerei heute unter Denkmalschutz.

Die Kunsthofpassage mit ihren fünf thematisch gestalteten Höfen verbindet auf originelle Weise die Alaunstraße mit der Görlitzer Straße und ist mit ihren Cafés, Restaurants und individuellen kleinen Läden Anziehungspunkt für Touristen und Anwohner gleichermaßen. Entspannen und sich von den vielen kreativen Details inspirieren lassen, heißt es hier. Ein Streifzug durch die Savanne im Hof der Tiere, eine Entdeckungstour durch die Welt des Wassers im Hof der Elemente oder der märchenhaften Tiere im Hof der Fabelwesen - die aufwendig gestalteten Fassaden der Höfe entführen die Besucher in ihre Sphären.

Aber auch über diese Highlights hinaus ist die Äußere Neustadt die richtige Adresse für jeden, der Geselligkeit, Abwechslung und Kreativität sucht. Die stilvollen Häuserfassaden, die engen, verwinkelten Gassen, ideenreich gestalteten Hinterhöfe, aber auch die vielen Kneipen, Restaurants und Läden mit ihren Angeboten von alternativ bis exklusiv - all dies verleiht dem Viertel sein besonderes Flair und macht es zum Magneten für Dresdens Einwohner und Touristen. 

*****

 Bildquellen:

 Vorschaubild, Alaunplatz in Dresden, Blick von der Tannenstraße nach Süden, Urheber: MatthiasDD via Wikimedia Commons (CC BY 3.0)

Antonstadt 1895, Diese Abbildung stammt aus der 5. Auflage von Meyers Konversationslexikon (1893-97). Das Urheberrecht ist erloschen, die Inhalte sind gemeinfrei. 

ADN-ZB Häßler 12.2.1986 Dresden: Lückenbau- Der Martin-Luther-Platz in Dresden hat in den zurückliegenden Monaten sein Gesicht völlig verändert. Neben restaurierten Altbauten entstanden in den Lücken Wohnhäuser im modernen Stil. In einem solchen Haus, der Nr. 21, richtete sich in der Erdgeschoßzone der Klub "Für Dich" ein. Foto: Häßler, Ulrich, siehe 1986-0212-019, 1986-0212-020) Bundesarchiv, Bild 183-1986-0212-018 / CC-BY-SA 3.0

Kreuzung Rothenburger/Ecke Louisenstraße in Dresdens Äußerer Neustadt. Urheber: X-Weinzar, via Wikimedia Commons,  (Creative Commons CC-BY-SA-2.5)

Hof der Elemente, Urheber: Max A.45 - Kunsthofpassage DresdenCC BY-SA 2.0

 

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Bürgerwiese
von Alexander Walther
MEHR

Dresdens Äußere Neustadt

Timaeusstraße 14
01099 Dresden

Detailansicht / Route planen

Werbung
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen