„Warum bin ich in Dresden, gerade in Dresden und nicht irgendwo an einem anderen Ort?"
Sehr oft hat er Deutschland besucht, aber in Dresden hielt sich der berühmte russische Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewskij länger auf, als in jeder anderen Stadt. In seinen ersten Dresden- und insgesamt auch in all seinen anderen Deutschlandaufenthalten hatte er anfangs viele Schwierigkeiten mit den deutschen Landsleuten. So schrieb er in seinem Tagebuch eines Schriftstellers:
„Die Deutschen haben [...] eine allzu starke Eigenart, einen allzu hartnäckigen, an Hochmut grenzenden Nationalcharakter, der einen zuweilen in Erstaunen setzt und empört und daher oft zu falschen Schlüssen über die Deutschen verleitet. Übrigens macht der Deutsche im täglichen Verkehr, besonders auf einen Fremden, der gerade erst nach Deutschland gekommen ist, anfangs wirklich einen sonderbaren Eindruck."
Ständig von einer unaufhaltsamen Spielsucht getrieben und teilweise sehr kränklich, zählten die Besuche Dresdens wirklich nicht gerade zu seiner glücklichsten Zeit. Eine Ausnahme bilden die zwei Monate, die er nach der Hochzeit mit seiner Frau Anna Grigorjewna dort verbrachte. Sie waren begeistert von dieser Stadt, die durch ihre alte Architektur und die Lage am Fluss einen starken Reiz auf beide ausübte. Dostojewskij hegte zudem eine große Leidenschaft für die Kunst in der Königlichen Gemäldegalerie, der heutigen Gemäldegalerie Alte Meister. Am meisten beeindruckte ihn dort die Sixtinische Madonna von Raffael. Seine Frau berichtete in ihren Tagebüchern davon, dass er auf einen Stuhl gestiegen sei, um die riesige Leinwand aus direkter Nähe zu betrachten.
In der Zeit von August 1869 bis zum Juli 1871 verbrachte er die längste Zeit in Dresden und es war auch zugleich der längste Auslandsaufenthalt in seinem gesamten Leben. Trotz seiner immer währenden Sehnsucht nach Russland und vor allem nach Sankt Petersburg, verweilte er an diesem Ort und traf die Vorbereitungen für seinen Roman „Der Idiot". Außerdem schrieb er mehrere Kapitel für „Die Dämonen". Beide Romane zählen heute zu den wichtigsten Werken seines Schaffens. Im September 1869 kam seine Tochter Ljubow auf die Welt. Einerseits stellte ihre Geburt ein grenzenloses Glück für ihn dar, andererseits war die kleine Familie durch seine wenigen Romanerfolge in dieser Zeit sehr arm und deshalb ständig auf der Suche nach einer Geldquelle.
Es ist also deutlich zu sehen, dass Dresden für ihn in manchen Zeiten pures Glück bedeutete, zugleich jedoch am Ende immer einen undurchdringlichen Teufelskreis darstellte. Nichtsdestotrotz bereicherte er diese Stadt in kultureller Hinsicht durch seine Besuche. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass man 1996 beschloss, ihm ein Denkmal in der deutschen Stadt zu setzen, in der er wohl die größte Schaffensphase außerhalb Russlands durchlebte. Vom berühmten russischen Bildhauer Alexander Rukawischnikow geschaffen, wurde das Denkmal 2006 zwischen dem Sächsischen Landtag und dem Internationalen Kongresszentrum (ICC) in unmittelbarer Nähe zum Elbufer feierlich enthüllt. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel, der russische Staatspräsident Wladimir Putin und der sächsiche Ministerpräsident Georg Milbradt waren anwesend und verliehen der Enthüllung dadurch besondere Aufmerksamkeit. Außerdem gab es ein informatives Begleitprogramm, welches durch das Deutsch-Russische Kulturinstitut veranstaltet wurde. Ein besonderer Gast war hier Roland Opitz, der ehemalige Präsident der Deutschen Dostojewskij-Gesellschaft. Dieser hat das Buch „Kennst du Fjodor Dostojewski" geschrieben, das durch den Bertuch Verlag in Weimar publiziert wurde. Dort wird der Schriftsteller Dostojewski für junge Leser schmackhaft gemacht. Neben ausgewählten Textbeispielen aus seinen Romanen lassen sich auch informative biographische Anmerkungen darin finden. Sehr empfehlenswert, wenn man einen Einblick in das Leben und Schaffen dieses großartigen russischen Schriftstellers bekommen möchte.
Quellen:
Karla Hielscher: Dostojewski in Deutschland
Erhard Hexelschneider: Denkmal für Dostojewski in Dresden enthüllt (http://www.drki.de/online/media/cis-web2_media.nsf/F0FB9BC95542E7CDC125754C00454A70//Dostojewskji.PDF)
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Sein Leben war so spannend wie seine Romane. Es glich einer Achterbahnfahrt: stetig pendelnd zwischen Verehrung und Verachtung, zwischen Erfolg, Spielsucht und Geldnot. Seine Arbeit wurde immer wieder von epileptischen Anfällen unterbrochen. Bereits mit 28 Jahren wurde er wegen revolutionärer Gedanken des Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt.
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