Der deutsch-russische Freiherr Joseph Michael von Huppmann-Valbella brachte die Tabakindustrie nach Sachsen und eröffnete am 17. Juli 1862 seine Compagnie Laferme, die erste Zigarettenfabrik. „Das Exportgeschäft hat namentlich in der unseren Zeit einen so großen Aufschwung genommen, dass ich den Entschluss gefasst habe, außerhalb Russlands eine Kommandite zu errichten, weil meine Fabrikate bedeutend billiger werden.“ Das Elbtal erwies sich aus mehreren Gründen als günstig: Das gemäßigte feuchte Klima bot gute Voraussetzungen für die Tabaklagerung, der Wasserweg ermöglichte den Transport zum Hochseehafen. Der Industriezweig wuchs, 1906 produzierten mehr als 100 Fabriken und erwirtschafteten 50 Prozent der anfallenden Tabaksteuer Deutschlands. 30 Milliarden Zigaretten pro Jahr kamen in der DDR aus Dresden. Kult bis heute: F6 und Karo. Unternehmer Hugo Zietz importierte vornehmlich aus dem Anbaugebiet Yenidze, einem Ort Nordgriechenlands.
1908 bestand die Vorschrift, „im Weichbild des Stadt-Zentrums kein Fabrikgebäude zu errichten, das als solches erkennbar war. Der Architekt und spätere Schwager Hitlers, Martin Hammitzsch, entwarf daher ein Gebäude in einem fantasievollen orientalischen Stil, das mit der farbig verglasten Kuppel und dem als Minarett getarnten Schornstein von außen wie eine Moschee wirkt.“ Der Stadtrat genehmigte den Bau vorerst nicht. Zietz drohte, fortan in Leipzig zu produzieren. Heute ist die Yenidze restauriert, und im ehemaligen Ruheraum der Kuppel gibt’s Märchen aus 1001 Nacht.
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Textquelle:
Kotte, Henner: "Dresden. Die 99 besonderen Seiten der Stadt" mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH Halle, 2015 ISBN: 978-95462-395-2
Bildquellen:
ADN-ZB Hiekel 10.7.86 Dresden: Tabak-Moschee-Vorwiegend im maurischen Stil sind die Fenster der Moschee "Yenidze" im Dresdner Stadtzentrum gehalten. Dieser im Jahre 1909 von Martin Hammitsch entworfene Bau vereint Elemente der türkischen und maurischen Kunst und des Jugendstils. Der Industriebau gehört heute dem VEB Tabakkontor Dresden und dient der Lagerung von Tabak. (siehe 5,6,8N). Bundesarchiv, Bild 183-1986-0710-007 / CC-BY-SA 3.0
ADN-ZB Häßler 27.7.88 Dresden: Die "Yenidze", das im islamischen Stil errichtete Verwaltungs- und Lagergebäude des VEB Tabakkontor, ist eines der markantesten Bauwerke Dresdens. Es wurde 1909 als erster Industriekomplex in Deutschland in Stahlbetonskelettbauweise errichtet und steht heute unter Denkmalschutz. Architekt war der damals 29jährige Martin Hamnitzsch. Zur Zeit nutzen drei junge Künstler - die Gruppe Meier - die Glaskuppel des Gebäudes zur Verwirklichung ihres Projekts "Raum - Konzeption". (siehe 6N). Bundesarchiv, Bild 183-1988-0727-005 / CC-BY-SA 3.0