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Unser Leseangebot

Winckelmanns Zeit auf Schloss Nöthnitz wird dem Leser hier vor Augen geführt. Er recherchiert zur Reichs-Historie des Grafen Bünau und zum Katalogwerk des Bibliothekars Francke. Während Winckelmann später in Rom Karriere macht, bleibt Francke bis zur Auflösung der bünauschen Bibliothek in Nöthnitz zurück. Über Nöthnitz und seine "Prominenz" berichtet dieser Band.

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Okzident und Orient
Die Faszination des Orients im langen 19. Jahrhundert

Klaus-Werner Haupt

In siebzehn Kapiteln werden neunzehn Persönlichkeiten des langen 19. Jahrhunderts vorgestellt, deren Texte, Bilder und Erfindungen deutlich machen: Okzident und Orient sind nicht zu trennen.

Schloss Nöthnitz

Schloss Nöthnitz

Klaus-Werner Haupt

Die einstige Wirkungsstätte von Bünau, Francke und Winckelmann

Schloss von der Hofseite mit Bibliotheksflügel (links)
Schloss von der Hofseite mit Bibliotheksflügel (links)

Verkehrsgünstig an der Bundesautobahn Dresden-Prag gelegen befindet sich die sächsische Gemeinde Bannewitz. Deren idyllischer Ortsteil Nöthnitz ist bekannt für sein kulturhistorisch bedeutsames Schloss. Seine wechselvolle Geschichte ist eng mit den Namen Heinrich Graf von Bünau (1697-1762), Johann Michael Francke (1717-1775) und Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) verbunden.

Nach dem Tod Kaiser Karl VII. (1697-1745) kehrte der Geheime Rat und Historiker Heinrich Graf von Bünau nach Sachsen zurück, wo er sich  für den Erhalt der ständischen Rechte einsetzte. Auf Schloss Nöthnitz setzte der Historiker seine Arbeit an der mehrbändigen Genauen und umständlichen Teutschen Kayser- und Reichshistorie fort. Der Bibliothekar Johann Michael Francke katalogisierte die Bibliotheca Bunaviana, mit 42.000 Bänden damals eine der größten Privatbibliotheken Deutschlands. Franckes dreibändiger Catalogus bibliothecae Bunavianae gilt als Meilenstein zur Systematisierung des Bibliothekswesens. 1748 stieß Johann Joachim Winckelmann dazu und wirkte bis 1754 als Bibliothekar auf Schloss Nöthnitz.

Johann Joachim Winckelmann (nach Giovanni Battista Casanova)
Johann Joachim Winckelmann (nach Giovanni Battista Casanova)

Die berühmte Bibliotheca Bunaviana befand sich im ersten Obergeschoss des südwestlichen Schlossflügels. Der 23 Meter lange Hauptsalon war mit allegorischen Deckengemälden ausgemalt: Europa im Stil der Fortuna mit Zepter und Füllhorn, Asien als Osmane im exotischen Ornat, Afrika als sinnlicher Schwarzer mit Schirmhut und Pfeilen, Amerika als wachsamer Indianer mit Federhaube und Speer ... Große Fenster zum Gutshof einerseits und zum Schlosspark andererseits sorgten für ausreichend Licht. Der Zugang zum zweiten Bibliothekssaal erfolgte durch eine mit Bücherattrappen verdeckte Wendeltreppe. Dort oben bewohnte Winckelmann ein Eckzimmer, bevor er 1754 nach Dresden und ein Jahr später mit kurfürstlichem Stipendium nach Rom ging.

Von 1755 bis 1759 wirkte Heinrich von Bünau als Premierminister des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Die Bibliotheksarbeit kam zum Erliegen. Als Bünau 1762 auf Gut Oßmannstedt (später Wielandgut, heute Bildungsstätte der Weimar-Jena-Akademie) starb, sahen sich seine Erben zum Verkauf des Nöthnitzer Anwesens gezwungen. Die Gelehrtenbibliothek Bünaus ging zusammen mit der Privatbibliothek des Grafen Heinrich von Brühl (1700-1763) in die Dresdner Kurfürstliche Bibliothek ein: 175.000 Bände - wiederum katalogisiert von Johann Michael Francke.

1870 gelangte das Rittergut Nöthnitz in den Besitz des Freiherrn Rudolf Carl von Finck (1837-1901), der das Schloss modernisieren ließ. Eine Besonderheit stellen die im Treppenturm und auf mehreren Podesten vorhandenen Fliesen dar. Sie stammen aus niederländischer Produktion (18. Jh.) und zeigen Hirten, Soldaten und Landschaften. Für seine Bibliothek sammelte der neue Besitzer ca. 10.000 wertvolle Bände, darunter Winckelmanns Briefe an seine Freunde (1780). 1945 wurde das Schloss durch Kriegseinwirkung beschädigt, die Bibliothek ging durch Feuer und Plünderung verloren. Nach der Vertreibung der Familie von Finck im Oktober 1945 diente das Schloss Nöthnitz als Herberge für Flüchtlingsfamilien. 1963 zog die Fachschule für Gartenbau Dresden ein. 1989 ging das Schloss in den Besitz des Freistaates Sachsen über, zwei Jahre später wurde es an den Freiherrn Viktor von Finck (1920-2010) vermietet.

Gedenkplatte für Winckelmann
Gedenkplatte für Winckelmann

Auf Anregung der Winckelmann-Gesellschaft Stendal bemühte sich der Mäzen Viktor von Finck  um die erneute Nutzung des Schlosses als Kulturstätte. Mehreren Kunstfreunde aus Bannewitz, Dresden, Stendal und anderen Orten gründeten am 24. Oktober 1991 die Studienstätte Schloß Nöthnitz e.V. Deren Ziel war, das Vermächtnis des Aufklärers Bünau und des Kunstwissenschaftlers Winckelmann nacherlebbar zu machen. Dr. Wolfgang von Wangenheim machte sich um die Ausstattung der Räumlichkeiten verdient: Ansichten von Rom, antike Gemmen und Abbildungen von Vasen der Sammlung Hamilton. Der Abguss der Kleinen Herkulanerin - einer Gewandstatue,  die Winckelmann als Schlüsselwerk für die Beschäftigung mit antiker Kunst diente - und eine ausgewählte Bibliothek machten das Schloss zu einer wahren Studienstätte. Eine Gedenkplatte und ein Relief am Bibliotheksflügel erinnern an den Aufenthalt des Begründers der klassischen Archäologie und modernen Kunstwissenschaften Winckelmann. Vorträge und Exkursionen des Vereins sowie Auftritte der Musikschule Bannewitz sorgten im folgenden Jahrzehnt für ein abwechslungsreiches Programm.

Schloss Nöthnitz, Hauptflügel
Schloss Nöthnitz, Hauptflügel

1997 kaufte Viktor von Finck das Schloss zurück, im April 2009 ging es aus Altersgründen in den Besitz des Unternehmers Jan David Horsky (1945-2012) über. Die inzwischen von Alexander Freiherr von Finck geleitete Studienstätte verlor ihr einstiges Domizil und wich in das Bürgerhaus Bannewitz aus.

Der jetzige Besitzer, Herr Jan David Horsky jun., und die Freunde Schloss Nöthnitz e. V. werden die kulturelle Tradition fortsetzen. Seit September 2019 befindet sich die Winckelmann-Ausstellung im Blauen Salon des Schlosses, das zu bestimmten Veranstaltungen für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Eingang zur Pension Am Kirschberg
Eingang zur Pension Am Kirschberg

Empfehlung: 

Pension Am Kirschberg

Unweit des Schlosses Nöthnitz bietet die Pension Am Kirschberg, Nöthnitzer Hang 27, etwas Besonderes: Auf 5.000 qm lädt Familie Brauer ihre in- und ausländischen Gäste zum Wohlfühlen, Träumen und Genießen ein. Legendär ist die sonntägliche Eierschecke!

Kontakt: 

Nöthnitzer Hang 27
01728 Bannewitz

Telefon: 0351-403 02 19

Webseite:  pension-am-kirschberg.de

 

*****Quellen:

1991-2001. 10 Jahre Studienstätte Schloß Nöthnitz e. V. Zum Gedenken an J. J. Winckelmann und Graf Bünau. Hrsg. Studienstätte Schloß Nöthnitz e.V., Layout und Redaktion Ulrike Götz M.A. Erschienen im September 2001 in der Schriftenreihe der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen, Heft 8

Joliet, Wilhelm: Die Geschichte der Fliese. sh. http://www.geschichte-der-fliese.de/nhila.html

Finkler, Lutz: Schloss Nöthnitz. sh. auch
http://www.bannewitz.de/bannewitz/content/28/20141106142638.asp


Abbildungen:

( 1 ) Twardon, Schloss Nöthnitz (vor 1855), nach Tuschezeichnung von Friedrich A. Frenzel. Foto:
Sammlung der Familie von Finck

( 2 ) Schloss Nöthnitz von der Hofseite mit Bibliotheksflügel (links)

( 3 ) Relief J. J. Winckelmann (nach einem Kupferstich von Giovanni Battista Casanova).

( 4 ) Gedenkplatte für J. J. Winckelmann

( 5 ) Schloss Nöthnitz, Hauptflügel

( 6 ) Pension Am Kirschberg 

Fotos: Haupt (2015)

 

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