Dresden-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Dresden-Lese
Weltliteratur für junge Leser

Bertuch´s Weltliteratur für junge Leser

In dieser von Prof. Wolfgang Brekle herausgegebenen Reihe stellen namhafte Literaturexperten bedeutende Autoren vor und erleichtern den Zugang zu ihren Werken. Die Reihe findet großen Anklang und wurde schon zweimal von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur zum Buch des Montas gewählt.

"Goethe in Dresden"

Woldemar von Biedermann

"Goethe in Dresden"

von Woldemar von Biedermann

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Porträt Goethes in der Campagna, gemalt 1787 in Rom
Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Porträt Goethes in der Campagna, gemalt 1787 in Rom

"Bei der Herreise langte Goethe am 28. Juli [1790; d. R.] früh halb acht Uhr in Dresden an, da er der Mittagshitze wegen Tags vorher in Rochlitz die Reise unterbrochen hatte und die Nacht hindurch gereist war. Er besuchte nach seiner Ankunft sogleich den Hausmarschall Freiherrn von Racknitz. Diesen vieseitig gebildeten Mann hatte Goethe 1786 ebenso wie den hiesigen Professor an der medicinisch-chirurgischen Akademie Titius in Karlsband kennen gelernt; [...]. [...] In Dresden 1790 wurde Goethe vom Grafen Geßler zu dem befreundeten Appellationsrath Körner auf dessen Weinberg in Loschwitz gebracht. Es steht noch nicht fest, ob Goethe den Genannten hier zuerst kennen lernte. Wahrscheinlich ist es, da nicht bekannt ist, daß er mit ihm früher zusammengetroffen wäre, auch Schiller am 1. November 1790 an Körner schreibt, Goethe habe sehr die persönliche Bekanntschaft mit ihm gerühmt und mit Wärme von dem angenehmen Aufenthalt bei Körners und überhaupt in Dresden gesprochen. Dagegen theilt freilich Körner Schillern unterm 13. August mit, er habe "wieder" eine halbe Stunde lang ein interessantes Gespräch über Kunst mit Goethe gehabt. Möglicherweise liegt hier ein Druckfehler vor (vielleicht für "über"). Sonst schreibt Körner: Goethe sei aufgethaut und zuletzt sehr mittheilend gewesen, doch habe seine Art sich anzukündigen immer etwas Kaltes und Zurückscheuchendes.

Gerhard von Kügelgen, Johann Wolfgang von Goethe, 1808-1809
Gerhard von Kügelgen, Johann Wolfgang von Goethe, 1808-1809

In Körners Frau und ihrer Schwester, der Malerin Dora Stock, fand Goethe alte Bekannte aus Leipzig wieder. Sie waren die Töchter des von Nürnberg nach Leipzig übergesiedelten Kupferstechers, welchem Goethe als Student Unterricht im Radiren gehabt hatte. [...] Ferner war Goethe jetzt abermals häufig mit Körner zusammen, dem es gelungen war ihm näher zu kommen und der ihn nun mittheilender fand. Ihre Unterhaltungen wawren mannigfacher Art. Aus der Kritik der teleologischen Urtheilskraft von Kant, mit dessen Philosophie Körner sich viel beschäftigte, schöpfte Goethe Nahrung für seine philosophischen Ansichten; er sprach dabei Gesichtspuncte über Stil und Classicität in der Kunst aus, die Körner als fruchtbar anerkennen mußte, obschon sie mit dessen Theorie der Ideale nicht übereinstimmten. Namentlich berdankte Körner Goethen manche treffliche Winke über den Genuß der Werken der bildenden Kunst. Goethe trug ihm auch einige um diese Zeit gedichteten Elegien vor und sandte halb nachher deren noch einige aus Weimar. Von dort aus dankte er Körnern am 21. October 1790 brieflich für die ihm erwiesene Freundschaft und Güte, versicherte, daß ihm Körner und dessen Gattin mehr gegeben, als er hätte wünschen dürfen [....].

Nachdem eine im Sommer 1805 beabsichtigte Reise nach Dresden nicht zu Stande gekommen war, unternahm Goethe eine solche erst wieder 1810, und zwar Mitte Septembers von Teplitz aus, nach seines damaligen Begleiters Riemer Mittheilung war er am letztern Orte bis zum 16 diesen Monats, an welchem Tag abends in Dresden eintreffen zu wollen er dem Herzog unterm 10. schrieb. [...] Goehte verweilte 1810 zehn Tage in Dresden, reiste über Freiberg, Chemnitz und Löbichau, wo er überall kurze Aufenthalte machte, zurück, und langte am 3. October in Weimar an. Ueber sein Treiben in Dresden schreibt er am 7. October nur ganz allgemein an den französischen Gesandten in Cassel, Reinhard, daß Dresden mit seinen Kunst- und Naturschätzen bei herrlichem Wetter dazu beigetragen habe, ihm eine sehr unterhaltende und erfreuliche Rückreise von Teplitz zu geben. Haußtsächlich ist aus jenem Dresdner Aufenthalte der Verkehr mit dem Maler von Kügelgen zu verzeichnen. [...] Eine schmerzliche Erinnerung an den Dresdner Aufenthalt von 1810 verursachten Goethe noch längere Zeit - wie Frau von Schiller am 1. November d. J. der Erbprinzessin von Mecklenburg-Schwerin schreibt - ein Paar in Dresden gefertigter, zu enger Schuhe."

----

Auszüge aus: Biedermann, Woldemar von, Gothe in Dresden, Leipzig 1875, S. 4-35.

Weitere Beiträge dieser Rubrik

"Dresden"
von Joachim Ringelnatz
MEHR
Werbung
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen